Colonia Dignidad - Es gibt kein Zurück
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„Colonia Dignidad“ – „Kolonie der Würde“ – nannte der aus dem Rheinland stammende Laienprediger Paul Schäfer die Gemeinschaft, die er 1961 im Hinterland Chiles gründete und auf einem weitläufigen Areal ansiedelte. Errichtet wurde das „deutsche Musterdorf“ unter dem Deckmantel der Wohltätigkeit. In Wahrheit herrschte Schäfer jedoch mit grausamer Hand über seine Anhänger, die alles andere als würdevolle Bedingungen vorfanden: Eltern wurden systematisch von ihren Kindern getrennt. Brutale Zwangsarbeit stand auf der Tagesordnung. Körperliche Züchtigungen gehörten zum Alltag. Regelmäßig missbrauchte der Sektenführer Minderjährige. Und dem Diktator Augusto Pinochet stellte er seine Siedlung als Folterlager zur Verfügung.
Eben dieses düstere Kapitel in der deutsch-chilenischen Geschichte zeichnet Regisseur und Drehbuchautor Florian Gallenberger (John Rabe, Schatten der Zeit) in einem international besetzten Spielfilm nach, der im September 1973 einsetzt. Kurz vor dem Sturz der chilenischen Regierung unter Salvador Allende kommt die Lufthansa-Flugbegleiterin Lena nach Santiago de Chile, wo ihr Freund Daniel, ein Fotograf, seit einiger Zeit eine studentische Aktivistengruppe im Kampf für den demokratisch gewählten Präsidenten unterstützt. Als General Pinochet mit einem Militärputsch gewaltsam die Macht an sich reißt, gerät das junge Paar in den Strudel der unübersichtlichen Ereignisse. Daniel wird vom Geheimdienst festgesetzt und verschleppt, während Lena verzweifelt nach ihm sucht und bei ihren Nachforschungen von der Sektensiedlung „Colonia Dignidad“ erfährt, wo man ihren Freund vermutlich gefangen hält. Um Licht ins Dunkel zu bringen, taucht sie, als Gläubige getarnt, in das Leben der ominösen Gemeinschaft ein und bekommt schon bald Schäfers Terrorherrschaft zu spüren.
Gallenberger und Koautor Torsten Wenzel wählen mit der Suche nach einem geliebten Menschen ein vertrautes Thriller-Muster, um dem Zuschauer das Grauen der Colonia zu vermitteln. Auffallend ist dabei, dass im Gegensatz zu vielen ähnlich gelagerten Genre-Filmen eine entschlossene Frau im Zentrum des Geschehens steht. Beklemmende Szenen aus dem unmenschlichen Lageralltag fangen die Macher mehrfach ein, wobei besonders die sogenannten Herrenabende hervorstechen, bei denen Schäfer einzelne Mitglieder vor einer aufgepeitschten Männerhorde demütigt und verprügeln lässt. Da sich die Handlung in erster Linie auf Lenas Rettungsmission konzentriert, wird das persönliche Leiden der beiden herausgehobenen Lagerinsassinnen Ursel und Dorothea bloß oberflächlich gestreift. Grob gezeichnet ist neben der Zusammenarbeit zwischen Schäfer und Pinochets Geheimdienstschergen auch die Figur des Sektenführers selbst. Von seinem ersten Auftritt an strahlt das Kolonie-Oberhaupt eine beunruhigende, um nicht zu sagen furchteinflößende Aura aus, die seine unangetastete Stellung allein jedoch nicht erklären kann. Statt die Funktionsweise seines Unterdrückungsregimes genauer zu beleuchten, vertraut „Colonia Dignidad – Es gibt kein Zurück“ auf ein recht eindimensionales, filmisch geprägtes Schurkenbild. Dass Gallenberger Spannungsmomente gekonnt in Szene setzen kann, beweist der letzte Akt, der in einen konstruiert-überzogenen Showdown mündet. Interessante Aspekte wie die Verwicklung der deutschen Botschaft in die Machenschaften der Sekte treten an dieser Stelle leider hinter einer konventionellen Action-Dramaturgie zurück.
Lobenswert ist trotz diverser Defizite, dass ein deutscher Filmemacher überhaupt versucht, einem breiteren Publikum das finstere Kapitel der Colonia nahezubringen. Vor allem, wenn man bedenkt, dass die Verbrechen der Schäfer-Herrschaft bis heute nicht richtig aufgearbeitet sind. Dass einige Täter noch immer unbehelligt leben können. Und dass der einstige Schreckensort von einer jüngeren Siedlergeneration inzwischen unter dem Namen „Villa Baviera“, sprich „Bayerisches Dorf“, als Touristenattraktion vermarktet wird. Wer sich für einen tiefergehenden Blick hinter die Kulissen der Gemeinschaft interessiert, sollte sich unbedingt mit dem Dokumentarfilm „Deutsche Seelen – Leben nach der Colonia Dignidad“ befassen, der das Ausmaß und die Folgen des jahrzehntelangen Terrors auf erschütternde Weise spürbar macht.
DVD Extras: Featurettes
Blu-ray Extras: Featurettes, Dokumentation, Interviews, Trailer, Bildergalerie
Christopher Diekhaus
Weitere Angaben
Filmtyp: Farbe
DVD-Bildformat: 1:2,35/16:9
Ton: Dolby Digital 5.1
Sprachen: Deutsch DD 5.1/Englisch DD 5.1/Dt. f. Sehg.
Untertitel: Deutsch/Dt. f. Hörg.
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