Bulldog
Worum es in „Bulldog“ geht:
Sommer, Sonne, Ibiza. Bruno und seine 15 Jahre ältere Mutter Toni tingeln schon seit zwölf Jahren über die spanische Ferieninsel und jobben als Reinigungskräfte in Ferienanlagen. Sie albern gerne herum, leben so gut es geht in den Tag hinein und wohnen gemeinsam in einem kleinen Appartment in einem Bungalow. Oft genug muss der bald 21-Jährige die Verantwortung für seine sprunghafte Mutter übernehmen, ihre Fehler und Schäden ausbügeln. Die intensive Beziehung der beiden gerät aus dem Lot, als Toni eines Tages die hübsche Hannah mitbringt, die nun Brunos Platz in ihrem Bett einnimmt. Für Bruno ist es nicht leicht damit klarzukommen, jetzt nicht mehr allein im Zentrum der Aufmerksamkeit seiner Mutter zu stehen. Nach und nach wird ihm bewusst, dass er seinen eigenen Weg finden muss.
Lohnt sich der Film für dich?
Sie sind unzertrennlich, machen so gut wie alles zusammen. In ihrer Blase scheint es tatsächlich nur Platz für zwei Personen zu geben: Mutter Toni und Sohn Bruno. Auf den ersten Blick könnten die beiden auch gleich alt und zusammen oder befreundet sein. Aber das sind sie eben nicht. Ob das Verhältnis von Bruno und Toni schon immer so war, wie es heute ist? Wie die damals minderjährige Toni mit ihrer Schwanger- und Mutterschaft zurechtgekommen ist, wo Brunos Vater steckt oder was Toni und Bruno überhaupt nach Ibiza verschlagen hat? Darüber erfahren wir leider nichts. Regisseur André Szardening vermeidet es offenkundig, alles auszuerzählen, und lässt vieles im Dunklen. In seinem Spielfilmdebüt konzentriert er sich voll und ganz auf die kurios symbiotische Mutter-Sohn-Beziehung. In sonnendurchfluteten Bildern erfasst der Absolvent der Internationalen Filmschule Köln die entspannte Urlaubsatmosphäre in der Nebensaison, wenn kaum Tourist*innen auf Ibiza sind. Doch die Sonne trügt! Denn schnell ist klar: So eng und vertrauensvoll die Bindung zwischen Bruno und Toni auch sein mag, so ist sie am Ende doch toxisch. Denn mit ihrem verantwortungslosen Verhalten hindert Toni Bruno daran, erwachsenzuwerden. Doch dann kommt Hannah ins Spiel und die 2-Personen-Blase platzt. Ohne es beabsichtigt zu haben, fördert Toni, dass Brunos aus einer nomadenhaften Tralala-Existenz in ein selbstbestimmtes Leben aufbricht.
Regisseur Szardening, der auch das Drehbuch geschrieben und die Kamera geführt hat, erzählt konsequent aus der Sicht von Bruno. Dementsprechend trägt der Nachwuchsdarsteller Julius Nitschkoff auch den Großteil der einfühlsamen Inszenierung. An einen bulligen Kampfhund erinnert Nitschkoff allerdings keineswegs. Zwar zeigt er in „Bulldog“ oft seinen nackten muskulösen Oberkörper, gewährt jedoch noch öfter Einblick in Brunos verletzliche Seele. Aber auch Lana Cooper als Toni und Karin Hanczewski können in dem Außenseiterdrama starke Akzente setzen. Für seine Leistung wurde Nitschkoff auf den Biberacher Filmfestspielen 2022 mit dem Silbernen Biber als bester Schauspieler ausgezeichnet, der Film selbst gewann den Debüt-Biber.
Reinhard Kleber
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FilmverleihmissingFILMs