Besties

Film: Besties
Länge:
80 Minuten
Altersempfehlung:
Ab 14 Jahren
FSK-Freigabe:
Ab 12 Jahren
Kinostart:
29.06.2023
Regie:
Marion Desseigne-Ravel
Darsteller:
Lina El Arabi (Nedjma), Esther Rollande (Zina), Kiyane Benamara (Leïla), Mahia Zrouki (Samar), Tasnim Jamlaoui (Carine), Azize Diabaté (Sidiki)
Genre:
Drama , Jugend
Land:
Frankreich, 2021

Worum geht es in dem Film „Besties“?


Nedjma hat alles: Ihr Viertel – ein Vorort von Paris –, beste Freundinnen, den besten Kumpel aus dem Kindergarten, mit dem sie Fußball spielt, ihre verständnisvolle Mutter und ihre kleine Schwester. Nedjmas Mutter ist alleinerziehend, auf die kleine Schwester Leïla, 14 Jahre alt, passt Nedjma gut auf. „Die Leute reden“, warnt Nedjma stets ihre kleine Schwester Leila, und dass man bloß aufpassen solle, nicht als „Bitch“ zu gelten. Dann zieht in diesem Sommer Zina in die Nachbarwohnung, die sich einer verfeindeten Mädchengang anschließt, in der bereits Zinas Cousine Mitglied ist. Die Tage vergehen mit erbitterten Kämpfen zwischen Nedjmas und Zinas Mädchengangs, Social-Media-Geläster, kleinen Streichen und Plänen für einen Ausflug ans Meer. Im Jugendclub lernt Nedjma ihre Rivalin Zina schließlich besser kennen. Man kann ihr dabei zusehen, wie sie sich in die Neue verliebt. Doch es fällt ihr schwer, zu ihren aufkommenden Gefühlen zu stehen: Die Feindschaft der Mädchen-Gangs steht zwischen ihnen – und die Angst davor, im Viertel als Lesbe zu gelten. Zina hingegen erwidert Nedjmas Gefühle, sie ist freier, gibt nichts auf das Gerede. Nedjma gerät massiv unter Druck. Als die beiden beim Küssen erwischt werden, wenden sich auch noch alle gegen Nedjma. Sie muss sich entscheiden, ist aber nicht bereit dazu.


Lohnt sich das Liebesdrama für dich?


Die Kamera ist ihrer Protagonistin Nedjma immer ganz dicht auf den Fersen. Mit ihr erleben wir ihre erste große Liebe, die sie im Verborgenen halten will, das heftige Auf und Ab, die Gefühlsstürme, die sie unter ihrer harten Schale zu verbergen sucht. In einer Szene reden die beiden Mädchen darüber, ob weich sein, Schwäche bedeutet, und sind unterschiedlicher Meinung. „Sie verstehen dich nicht“, sagt Zina und meint, dass niemand Nedjmas Weichheit erkennt. Und Nedjma gesteht, dass sie immer vor allem Angst hat. Ihre zur Schau getragene Härte ist nur ein Schutzschild.

Das Langfilm-Debüt der Regisseurin Marion Desseigne-Ravel zeigt die verwirrten Gefühlszustände Nedjmas und Zinas treffend, findet dabei einen temporeichen Rhythmus, der zu dem Hochhaus-Vorort, einem multikulturellen Kosmos, passt. Ganz nebenbei erzählt der Jugendfilm auch von unterschiedlichen Generationen, von Eingewanderten und ihren Nachkommen. Während Nedjmas Mutter die selbstauferlegten Regulierungen ihrer Töchter nicht verstehen kann – denn schließlich ist sie für die Freiheiten der westlichen Welt aus Algerien ausgewandert –, ist für die Mädchen das Schlimmste, wenn der eigene Ruf geschädigt wird. Ein böser Scherz gegen Zina, der viral geht, lässt sie als „Bitch“ dastehen. Keine von ihnen hinterfragt diese frauenfeindlichen Aktionen und Moralvorstellungen. Und doch zeigt sich, dass hinter diesen Floskeln etwas anderes verborgen liegt: Ängste, Verletzungen, die wahren Gefühle. Dank der großartigen Darsteller*innen wirkt alles natürlich und lebensecht. Dialoge, Musik, Tempo, Bildgestaltung – alles ist ebenso unaufgeregt wie passend. Nedjmas Lieblingsort ist das Dach des Hochhauses, denn in der Ferne glitzert das andere Paris, ein unerreichbarer Sehnsuchtsort – und doch liegt zwischen den Hochhäusern sehr viel Heimat.

Christiane Radeke

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