Arboretum

Film: Arboretum
Länge:
80 Minuten
Altersempfehlung:
Ab 16 Jahren
FSK-Freigabe:
Ab 16 Jahren
Kinostart:
09.02.2023
Regie:
Julian Richberg
Darsteller:
Oskar Bökelmann (Erik), Niklas Doddo (Sebastian), Anna Jung (Elli), Tobias Krebs (Patrick), Volker Figge (Eriks Vater)
Genre:
Horror , Thriller , Drama
Land:
Deutschland, 2020

Wir haben es an dieser Stelle schon oft betont: Eigentlich sollten wir froh sein, wenn deutsche Filmemacher*innen einmal keine Komödien, Sozial- oder Geschichtsdramen drehen, sondern sich an Thrillern, Fantasy- oder Horrorwerken versuchen. Rätselhaft-düstere Stoffe aus heimischer Produktion gibt es auf der großen Leinwand viel zu wenige. Mehr noch: Gelungene Beispiele, die das skeptische Publikum in die Kinos locken könnten, sind in den letzten Jahrzehnten (!) an einer Hand abzuzählen. Gleich auf mehreren Ebenen hapert es allerdings auch in Julian Richbergs Debütarbeit „Arboretum“, deren Ehrgeiz und Leidenschaft wir so gerne beklatschen würden.


Worum es in „Arboretum“ geht:


Die thüringische Provinz, irgendwo an der früheren deutsch-deutschen Grenze, hängt Erik und Sebastian zum Hals raus. Spannende Ereignisse? Fehlanzeige! Dafür ständige Schikanen und ein allumfassendes Klima der Trostlosigkeit. Das Aufregendste sind noch die Kloppereien zwischen Nazis und Punks. Zwei Gruppierungen, mit denen unsere zwei Außenseiter nur wenig anfangen können. Als Erik Sebastians Bekannte Elli trifft, scheint sich ein Ausweg aus der Misere anzudeuten. Auch sie hat keinen Bock mehr, in der Pampa zu versauern, und würde am liebsten so schnell wie möglich abhauen. Während sich die beiden Teennager langsam näherkommen, lockt eine rätselhafte Stimme Erik jedoch immer häufiger in den Wald, wo er einem seltsamen Baumwesen begegnet. Parallel leidet auch die Freundschaft zu Sebastian.


Warum „Arboretum“ unter dem Strich enttäuscht:


Ein ungutes Gefühl rufen schon die ersten Dialoge zwischen den Protagonisten hervor. Dass sie zum Teil etwas gestelzt klingen, lässt sich noch verschmerzen. Ärgerlich ist hingegen, wie plakativ sie die Provinztristesse ausbuchstabieren. Doppelt und dreifach trichtert uns der ebenfalls für das Drehbuch verantwortliche Julian Richberg ein, in was für einer öden Umgebung Erik und Sebastian festhängen. Auch im weiteren Verlauf will uns der Regisseur mit größtmöglichem Nachdruck daran erinnern. An überdeutlichen Kommentaren mangelt es definitiv nicht.

Spannend ist zweifelsohne die Idee, Gewalt – vergangene, gegenwärtige und zukünftige – als Stimmungshintergrund zu nutzen. Der Schrecken der Nazizeit lebt in Gestalt von Sebastians Opa fort, der alles, was geschehen ist, totschweigen möchte. Eriks Vater hat, so erfahren wir, als DDR-Grenzschützer einen Menschen erschossen. Die rechtsradikalen Kräfte im Dorf sind ständig auf Krawall gebürstet. Unsere Hauptfiguren äußern früh blutige Fantasien. Und nicht zufällig spielt „Arboretum“ im Spätsommer 2001, so finden also auch die Anschläge vom 11. September irgendwann Eingang in die Handlung. Was Richberg allerdings nur bedingt gelingt: Diese Elemente überzeugend zu verbinden. Thematisch wirkt sein in fünf Kapitel unterteiltes Erstlingswerk am Ende leider überfrachtet.

Große Ambitionen sind an sich nicht schlecht. Dass sie zur Last werden können, zeigen aber auch die Märchen- und Mystery-Komponenten des Films. Offenkundig inspiriert von Richard Kellys Hirnverdreher „Donnie Darko“, baut der Regisseur über Eriks Visionen, seine Gespräche mit dem für eine Low-Budget-Produktion erstaunlich gut getricksten Waldwesen eine leicht durchschaubare Metapher ein. Viel mehr als schummrige Bilder, geflüsterte Worte und bedrohlich grummelnde Musik hat „Arboretum“ allerdings nicht zu bieten und ist deshalb nur selten wirklich gruselig. An Ausdruckskraft fehlt es zudem aus einem weiteren Grund: Obwohl in der Beziehung von Erik und Sebastian einige interessante Töne anklingen, fühlen sich die beiden Freunde nicht wie psychologisch ausgefeilte Charaktere an. Die Konsequenz: Das als großer Schockmoment gedachte Finale erscheint erzwungen und zieht uns nicht gerade den Boden unter den Füßen weg. Schade, einfach nur schade!

Christopher Diekhaus

Weitere Angaben

Filmtyp: Farbe

Streaming-Anbieter

Angaben beruhen auf Informationen zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (13. Woche 2023).