Anvil – Die Geschichte einer Freundschaft

Steve „Lips“ Kudlow und Robb Reiner aus Toronto, beide aus einem jüdischen Elternhaus, waren bereits in der Schule dicke Freunde. Mit 14 Jahren wollten sie für immer zusammen rocken. 1977 gründeten sie die Band Anvil. 1982 veröffentlichten sie mit „Metal on Metal“ ein epochales Heavy Metal-Werk. Dieses Album beeinflusste eine ganze Generation von Musikern, darunter so namhafte Bands wie Metallica, Slayer, Anthrax und Megadeth. Während die anderen Karriere und Geld machten, blieb das Original – Anvil selber – über 13 Alben hinweg relativ erfolglos. Dennoch gaben die beiden Freunde ihren Traum nie auf und blieben über 30 Jahre lang im Geschäft, mitunter sogar gegen den Widerstand von Familienmitgliedern und Freunden. Letztlich auch gegen die Trends, denn inzwischen haben sich neue Musikstile etabliert und mit einer juvenilen Sturm und Drang-Attitüde können die Best Ager Lips und Robb längst nicht mehr punkten. Mit Aushilfsjobs halten sie sich über Wasser, spielen weiter, werden von der Musikbranche „abgezockt und kaltgestellt“. Inzwischen bereits jenseits der 50 nehmen sie mit ihrem 13ten Album und einer Europatournee erneut Anlauf zum endgültigen Durchbruch. Doch die Tournee entwickelt sich zu einem einzigen Desaster. Trotzdem werden die Rock-Veteranen weiter ihr Eisen schmieden, auch wenn es längst nicht mehr heiß ist. Der Filmemacher Sacha Gervasi kannte die Band bereits in seiner Jugend, verlor über die Jahre den Kontakt und drehte nun aber mit Steve und Robb im Rahmen ihrer Europatournee einen Dokumentarfilm, der seinesgleichen sucht: Er ist alles andere als eine bloße Dokumentation über die Geschichte der Band. Schnell und sehr präzise geschnitten, mit einer sinnvoll eingesetzten Handkamera zur Steigerung von Spannung und Authentizität, mit unglaublicher Dichte an Eindrücken und Erfahrungen sowie knappen Antworten statt langen Interviewpassagen (im englischen Original mit deutschen Untertiteln) gelingt es dem Film, menschliches Interesse an den beiden schrägen Protagonisten zu wecken und dem Publikum ihren persönlichen Traum zu vermitteln. Das große Selbstdarstellungsbedürfnis der beiden krisenerprobten, leidenschaftlichen Freunde wird bewusst für den Film genutzt. Selbst wenn einige Szenen inszeniert sein könnten, ändert das nichts an dem positiven Gesamteindruck und den kritischen Einblicken in den brutalen Alltag des Musikgeschäfts. Man muss die Musik von Anvil nicht einmal mögen, um von diesem Team fasziniert zu sein – einem Team, das beharrlich und entschlossen den langen steinigen Weg im Leben wählte, dabei aber nie aufhörte, an sich selbst zu glauben, sich treu zu bleiben und in Würde zu altern. DVD-Bildformat: 1:1,85; 16:9 Sprache: Englisch Untertitel: Deutsch DVD-Extras: Entfallene Szenen, Interviews, Audiokommentare, Featurettes, Trailer, Booklet

Holger Twele