Als wir tanzten

Film: Als wir tanzten
Länge:
113 Minuten
Altersempfehlung:
Ab 14 Jahren
FSK-Freigabe:
Ab 12 Jahren
Kinostart:
23.07.2020
Regie:
Levan Akin
Darsteller:
Levan Gelbakhiani (Merab), Bachi Valishvili (Irakli), Ana Javakishvili (Mary), Giorgi Tsereteli (David), Kakha Gogidze (Aleko)
Genre:
Drama , Love Story
Land:
Schweden, Georgien, Frankreich, 2020

Merab ist begeisterter Tänzer. Seit seiner Kindheit trainiert er mit Tanzpartnerin Mary traditionell georgisches Ballett, jetzt bereitet er sich an der Akademie auf die Aufnahmeprüfung vor. Denn Merab träumt von einem festen Engagement im Georgischen Nationalballett, das verspricht ein festes Einkommen und Auslandsreisen. Tanzen hat Tradition in Merabs Familie, auch sein Bruder David tanzt, ist allerdings undiszpliniert und geht lieber feiern. Außerdem hat die Familie finanzielle Sorgen, denn eine Tänzerkarriere kann schnell vorbei sein. Als in Merabs Klasse der neue Student Irakli auftaucht, der ebenfalls ein sehr guter Tänzer ist, wittert Merab eine ernstzunehmende Konkurrenz. Aber mehr und mehr fühlt er sich von Irkalis fröhlicher und unbedarfter Art angezogen. Merab weiß, es ist mehr als nur Freundschaft, was er für den anderen empfindet. Auf einer Trainingsreise kommen sich beide Männer näher. Aus Begehren entwickelt sich bald echte Zuneigung und Liebe, aber natürlich müssen sie ihre Gefühle geheim halten. Umso mehr, da der georgische Tanz strikte, überaus konventionelle Geschlechterbilder hat. Männer müssen hart und unerbittlich sein, sich gerade wie ein Nagel halten, Schwäche ist verpönt. Die Frauen hingegen haben rein und jungfräulich zu wirken. Sexualität, so sagt der strenge Tanzlehrer Aleko, hat im georgischen Ballett keinen Platz, ganz zu schweigen von Homosexualität, die als widernatürlich gilt. Homophobie ist ein weit verbreitetes Phänomen. Dann verschwindet Irakli von einem Tag auf den anderen und Merab stürzt sich verzweifelt ins Training, beginnt sich aber auch zusehends aufzulehnen. Er muss für sich entscheiden, welchen Weg er gehen will.

Regisseur und Drehbuchautor Levan Akin ist in Schweden aufgewachsen, hat aber georgische Wurzeln. Der Film ist nach Kurzfilmen und TV-Serien sein erstes Projekt in georgischer Sprache. Die Idee, dem von einem überkommenen Männlichkeitsideal geprägten Traditionsballett eine schwule Liebesgeschichte gegenüberzustellen, kam ihm als er Zeuge wurde, wie homophobe Ausschreitungen bei einer kleinen Gay-Pride-Parade in Tiflis eskalierten. Auch während der Dreharbeiten und bei der Filmpremiere in Tiflis kam es zu Angriffen. Umso mehr drängt sich auf, wie relevant das Thema ist. Die Hauptrolle spielt Levan Gelbakhiani, ein professioneller Tänzer, der für seine sensible Darstellung vielfach und weltweit Preise bekam. Authentisch fängt der Film das Lebensgefühl der jungen Generation ein, die durch die Globalisierung selbstverständlich einen westlichen Lebensstil führt und in Technoklubs, Alkohol und Sex Ablenkung sucht. Gleichzeitig beschreibt der Film die Schönheit der Tradition, die durch Neuerungen keinesfalls so gefährdet ist, wie die alte Generation befürchtet – hier verkörpert durch den Tanzlehrer Aleko. So besteht am Ende der Befreiungsakt von Merab darin, einen ganz eigenen Tanzstil zu entwickeln, der selbstbewusst etwas Neues wagt und althergebrachte Männlichkeitsbilder auf den Kopf stellt. Ein kraftvoller und einfühlsamer Film, der uns mittels schöner Bilder in eine ganz eigene Welt entführt und seinen Akteuren sehr nahe kommt.

Christiane Radeke

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