Adam (2019)
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Wie entsteht aus einer zufälligen Begegnung zweier gegensätzlicher Frauen eine tiefe Verbindung? Davon erzählt die Regisseurin Maryam Touzani in ihrem ersten Kinospielfilm. „Adam“ gewann auf dem Filmfestival in Chicago den Roger Ebert Award. Marokko reichte ihn als Kandidat für die Oscars 2020 ein.
Was dich in „Adam“ erwartet:
In der Altstadt von Casablanca betreibt die Witwe Abla eine kleine Bäckerei. Die achtjährige Warda erzieht sie allein. Als die hochschwangere Samia an ihre Tür klopft und nach Arbeit und einem Schlafplatz fragt, verweigert die Mittvierzigerin zuerst ihre Hilfe. Doch die aufgeschlossene Warda hat Samia sofort ins Herz geschlossen und kann ihre verbitterte Mutter umstimmen. Samia erweist sich als talentierte Bäckerin, die Leckereien herstellen kann, die die Kunden in Scharen anlocken. Mit ihrer Lebensfreude gelingt es ihr, die harte Schale Ablas zu knacken, so dass sich die beiden anfreunden. Als die Geburt näher rückt, muss Samia sich entscheiden: Soll sie das uneheliche Baby zur Adoption freigeben? Und gibt Abla ihrem schüchternen Verehrer Slimani doch noch eine Chance?
Lohnt sich der Film für dich?
In „Adam“ verarbeitet die Maryam Touzani eine eindringliche persönliche Begegnung, an die sie sich zurückerinnerte, als sie selbst Mutter wurde. Die Regisseurin erzählt konsequent aus weiblicher Perspektive, Männer kommen wenn überhaupt nur am Rand vor. Voll und ganz konzentriert sie sich auf das Auf und Ab zwischen zwei gegensätzlichen Frauen, die beide ein schweres Schicksal bewältigen müssen. Beiläufig, aber wirksam kritisiert der Film die Verachtung, die unverheirateten Müttern und ihren Kindern noch immer entgegengebracht wird.
Touzanis einfühlsames Kammerspiel findet weitgehend in geschlossenen Räumen statt. Die einzige visuelle Verbindung zur Außenwelt ist das kleine Fenster des Ladens, durch das Abla die Backwaren verkauft. Statt über ausgedehnte Dialoge kommen sich Abla und Samia über Blicke, Gesten und Körpersprache näher. Passend dazu filmt die Kamerafrau Virginie Surdej das Duo oft in Nah- und Großaufnahmen. Das leise Drama ruht vor allem auf den Schultern der ausdrucksstarken Hauptdarstellerinnen Lubna Azabal und Nisrin Erradi, die sich sehr schön die Bälle zuspielen. Schade ist, dass man so wenig über Samias Vorgeschichte erfährt, während Abla anrührend vom Unfalltod ihres Mannes erzählt.
Reinhard Kleber
Weitere Angaben
Filmtyp: Farbe
DVD-Bildformat: 1:1,85