Ein russischer Sommer

Es ist nicht einfach ein beliebiger russischer Sommer, von dem dieser Film erzählt, sondern der letzte Sommer im Leben des weltberühmten russischen Schriftstellers und Weltverbesserers Lew Tolstoi, der 1910 im Alter von 82 Jahren starb. In diesen letzten Monaten, die die Familie auf ihrem Landsitz Jasnaja Poljana verbringt, droht die enge Beziehung zwischen Lew und seiner Frau Sofia zu zerbrechen. 48 Jahre sind die beiden inzwischen verheiratet, 13 Kinder hat Sofia ihm geschenkt und ihn dabei immer auch bei seiner Arbeit unterstützt. Allein den Roman „Krieg und Frieden“ hat sie sechs Mal handschriftlich kopiert. Nun, am Ende seines Lebens, möchte Tolstoi sein literarisches Werk dem russischen Volk vererben. Zu diesem Schritt wurde er von einem seiner Anhänger, den Tolstoianern, überredet. Sofia aber besteht darauf, dass die Rechte ihr und der Familie zufallen. Es kommt zu erbitterten Kämpfen innerhalb der Familie und mit den Tolstoianern, die letztendlich dazu führen, dass Lew Tolstoi Jasnaja Poljana verlässt, um in „Frieden und Einsamkeit“ zu leben. Kurze Zeit darauf stirbt der große Dichter im Bahnhof von Astapowo.

Der Film basiert auf dem Roman „Tolstois letztes Jahr“, den Jay Parini auf der Grundlage von verschiedenen Tagebüchern aus Tolstois Umfeld geschrieben hat. Regisseur und Drehbuchautor Michael Hoffman („Tage wie dieser“, (id=4132]"Game 6") konzentriert sich dabei auf die komplizierte Beziehung zwischen Tolstoi und seiner Frau, die sich am Ende ihres Lebens von ihrem Mann betrogen fühlt, und beleuchtet kritisch den fanatischen, nur eigene Interessen verfolgenden Starkult der Tolstoianer. So wirft denen der junge Sekretär Tolstois am Schluss vor: „Das Abbild, das Sie von Tolstoi erschaffen wollen, wird Ihnen ähnlicher sein als ihm“. Die Auseinandersetzungen sind zum Teil ziemlich wortlastig und nicht immer ohne Hintergrundwissen zu verstehen. Und doch ist dieser Film voller Spannung, vor allem durch das emotional geladene Spiel von Oscar-Preisträgerin Helen Mirren (Sofia) und im Gegensatz dazu der verhalten, aber gleichwohl leidend agierende Hollywood-Star Christopher Plummer als Tolstoi. Hinreißend die Szene, in der beide noch einmal zu ihrer alten Liebe zurückfinden, er als Hahn, sie als Hühnchen. Der Schluss des Films wirkt allerdings sehr bemüht mit seinem Bezug zum Presserummel von heute. Außerdem vertraut Regisseur Hoffman nicht auf seine eigene Geschichte, sondern inszeniert hier nun ein versöhnliches, tränenreiches Happy-end.

DVD-Bildformat: 16:9
Ton: Dolby Digital 5.1
Sprachen: Deutsch, Englisch
DVD-Extras: Featurettes, Outtakes

Barbara Felsmann