Lieber Frankie

Frankie ist neuneinhalb und taubstumm. Er kommt gut klar, denn er versteht es bestens, seinen Behindertenbonus bei den Erwachsenen auszuspielen. Weniger gut geht es seiner Mutter Lizzie, die ständig auf der Flucht ist vor Frankies Vater Davie. Gerade hat sie wieder einmal den Wohnort gewechselt. Es scheint so, dass sie auch in der schottischen Hafenstadt Glasgow keine Wurzeln schlagen wird. Irgendetwas ist geschehen als Frankie noch klein war, das ein Zusammenleben mit Davie unmöglich macht. Von dieser schrecklichen Erfahrung möchte Lizzie ihren Sohn abschirmen und greift zu einer Notlüge. Davie sei als Seemann auf einem Schiff unterwegs, das „Accra“ heiße. Lizzie schickt Frankie fingierte Briefe seines Vaters aus aller Welt. Nur dumm, dass es die „Accra“ wirklich gibt und sie eines Tages in Glasgow fest macht. Nun heißt es für Lizzie schnell einen Mann finden, der in die Rolle des Vaters schlüpft. „Lieber Frankie“ erzählt eine anrührende Geschichte, die glücklicherweise nicht ins Kitschige umschlägt. Obwohl man es bisweilen befürchten mag. Shona Auerbach gelingt ein behutsamer Film von einem innigen Verhältnis zwischen Mutter und Kind, der die Klippen von überzogener Melodramatik und purer Sentimentalität haarscharf umschifft. Melancholische Moll-Töne klingen an, in der traurigen Ballade dieser verletzten und enttäuschten Mutter, die die Sehnsüchte ihres behinderten Sohnes erfüllen will. Wohltuend dabei, dass die Regiedebütantin weniger auf Dialoge, als auf Symbole, Gesten und Stimmungen setzt. Ein Glücksfall ist auch, dass der Film durch überzeugende Darsteller getragen wird. Dem Zuschauer wird weder die Taubstummensprache von Frankie komplett enträtselt, noch wird er mit den schrecklichen Details des Familiendramas konfrontiert. Dennoch ist jede Szene eindeutig und klar. „Lieber Frankie“ konzentriert sich auf das Hier und Jetzt und auf eine märchenhafte Chance, das Glück zu finden. Erwachsenen und Kindern gibt er gleichermaßen etwas. Der Clou der Geschichte: Mit neun Jahren und taub, kann Frankie doch sehr viel mehr verstehen, als die Erwachsenen ihm zutrauen. Daher sollte man sich auch unbedingt trauen, diesen Film mit Kindern zu schauen. DVD-Bildformat: 1:1,85; 16:9 Ton: Dolby Surround; Dolby Digital 5.1 Sprachen: Deutsch, Englisch, Spanisch, Italienisch Untertitel: Deutsch, Englisch, Spanisch, Italienisch, Engl. f. Hörg. DVD-Extras: Behind the Scenes, Audiokommentar, Entfallene Szenen, Interview

Christian Exner