Vorsicht: Katastrophenfilme!
Die Lauten und die Leisen.
#DasIstJaWieImFilm #EchtJetzt?
Das Rezept für einen Katastrophenfilm à la Hollywood könnte wie folgt lauten: große Bilder, etwas Action und eine Prise Wissenschaft. Beispielhaft umgesetzt wird dies bereits in Wolfgang Petersens Blockbuster „Outbreak – Lautlose Killer“ (1995), der von einem Kampf gegen eine aggressive, aus Afrika in die USA eingeschleppte Ebola-Variante handelt. Mittendrin: ein Virologe (Dustin Hoffman), der auf der Suche nach einem Impfstoff über eine militärische Verschwörung stolpert. Insbesondere die Nebenhandlung des Films rund um geheime Kräfte und gelenkte Interessen passt bestens in unsere Zeit, in der sich der Glaube an eine Corona-Intrige hartnäckig hält. Zum Schmunzeln ist sicherlich, wie schnell die Hoffman-Figur und ihre Verbündeten letztlich an ein Gegenmittel gelangen.
Der auf einer bereits mehrfach verfilmten Romanvorlage (etwa als „Der Omega-Mann“, 1971) beruhende Endzeitthriller „I Am Legend“ (2007) schildert die Impfstoffsuche eines Virologen im völlig verlassenen New York. Der Gedanke, in einer am Boden liegenden Welt allein zu sein, ist beängstigend und wird hier die meiste Zeit wirkungsvoll in Szene gesetzt. Auch wenn sich ab einem gewissen Punkt Actionklischees einschleichen, schaut man Will Smith bei seinem Überlebenskampf gerne zu.
Im Sommer 2020 feierte außerdem der bereits sieben Jahre zuvor veröffentlichte südkoreanische Katastrophenbeitrag „Pandemie“ (2013) Premiere in den deutschen Kinos und wurde fleißig als Virenthriller beworben. Diese die Situation ausschlachtende Marketingkampagne darf man fraglos kritisieren. Fakt ist aber auch, dass der häufig mit einer agilen Handkamera gedrehte, einen dramatischen Virusausbruch in einer Vorstadt von Seoul beschreibende und ein umfangreiches Quarantäneszenario an die Wand werfende Film stellenweise eine irrwitzige Intensität erreicht. Der Protagonist, ein Rettungshelfer, ist zu heldenhaft, um wahr zu sein. Mehrfach greift Regisseur Kim Sung-su zu reißerischen Methoden. Im Vorbeigehen werden allerdings immer wieder schmerzhaft glaubwürdige Dinge thematisiert: Behörden, die sich zunächst dagegen sträuben, prestigeträchtige Großveranstaltungen abzusagen. Menschen, die daran zweifeln, dass die Quarantänemaßnahmen zielführend sind, und die deshalb auf die Barrikaden gehen.
Wer mit den großen Katastrophenfilmen Hollywoods nur wenig anfangen kann, sollte sich den kleinen US-amerikanischen Independent-Thriller „It Comes at Night“ (2017) vornehmen. Über die Pandemie, die offenbar zum Zusammenbruch der Gesellschaft geführt hat, erfahren wir hier nichts Konkretes. Dafür zeigt Regisseur und Drehbuchautor Trey Edward Shults aber auf beklemmend-eindringliche Weise, was das Virus und die von ihm ausgehende Gefahr mit Menschen anstellen kann. Ein junger Mann, der sich mit seinen Eltern in ein Holzhaus im Wald zurückgezogen hat, erlebt mit, wie die Notlage seinen Vater mehr und mehr in ein Monster zu verwandeln scheint. Geradlinig in Szene gesetzt, stark gespielt und mit einem bitteren Ende aufwartend, lässt einen dieser Film so schnell nicht mehr los.
Von Christopher Diekhaus